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Erbengemeinschaft und Erbschein: die 8 häufigsten Fragen

Was ist eine Erbengemeinschaft? Wann benötigen Sie einen Erbschein? Und wie viel kostet dieser? Im Erbfall stellen sich viele Fragen. Wir beantworten sie.

Was versteht man unter einer Erbengemeinschaft?

Nicht immer erbt man allein. In vielen Todesfällen verteilt sich der Nachlass auf mehrere Erben. Diese Erbengemeinschaft verwaltet das Erbe solange gemeinsam, bis es geteilt ist. Damit Sie als Teil einer Erbengemeinschaft wirksam Rechtsgeschäfte abschließen können, brauchen Sie oft auch als Miterb:in einen Erbschein.

Wann müssen Sie einen Erbschein beantragen?

Mit einem Erbschein weisen Sie nach, dass Sie rechtmäßige:r Erb:in der bzw. des Verstorbenen sind. Zudem dokumentiert der Schein, in welchem Verhältnis die einzelnen Erb:innen vom Nachlass profitieren – dies ist die sogenannte Erbquote. Einen Erbschein benötigen Sie vor allem dann, wenn Sie gegenüber Dritten (beispielsweise Vermieter:in oder Banken) als Rechtsnachfolger:in der bzw. des Verstorbenen auftreten möchten. Kurz gesagt: Der Erbschein hilft Ihnen dabei, sich Klarheit über die Höhe des Erbes zu verschaffen. Sie erhalten den Erbschein per Antrag beim Nachlassgericht. Aber Vorsicht: Mit dem Antrag nehmen Sie die Erbschaft automatisch an und erben damit auch etwaige Schulden. Existiert ein Testament oder ein ähnliches Dokument, das den Nachlass und die berechtigten Erb:innen dokumentiert, ist ein Erbschein in der Regel nicht nötig. In diesem Fall genügt die Niederschrift des zuständigen Nachlassgerichts, das die Verfügung von Todes wegen eröffnet, sobald es vom Tod des Erblassers erfährt. Doch auch hier gibt es Ausnahmen: Soll ein Grundbucheintrag geändert, also zum Beispiel eine Immobilie vererbt werden, ersetzt nur ein notarielles Testament den Erbschein. Ein handschriftliches Testament reicht in diesem Fall nicht.
Wenn eine Erbengemeinschaft ihr Erbrecht gegenüber Dritten (Banken, Grundbuchamt etc.) geltend machen möchte, muss sie oft einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen. Der Erbschein soll die gemeinschaftliche Nachlassverwaltung vereinfachen und gilt für die gesamte Erbengemeinschaft. Darin steht, welche Personen erben und wie hoch ihre jeweiligen Erbanteile sind (Erbquoten). Einen gemeinschaftlichen Erbschein können Sie form- und fristfrei beim zuständigen Nachlassgericht beantragen. Das können entweder die gesamte Erbengemeinschaft oder einzelne Miterben tun (dafür braucht es nicht die Erlaubnis anderer Miterben). „Beachten Sie allerdings, dass Sie die Kosten des Erbscheins allein tragen müssen, wenn Sie als einziges Mitglied der Ebengemeinschaft den Antrag beim Nachlassgericht stellen“, erklärt Rechtsanwältin Astrid Nolte aus Hürth. "Je nach Höhe des Nachlasswerts können schnell Kosten im vier- oder sogar fünfstelligen Bereich entstehen."
Zusätzlich zum gemeinschaftlichen Erbschein haben alle Miterb:innen auch das Recht, einen eigenen Teilerbschein zu beantragen. Dieser gibt nur über den Erbteil des darin genannten Miterb:innen Auskunft – gesonderte Rechte ergeben sich daraus nicht. Im Gegenteil: Mit einem Teilerbschein kann man sich zwar rechtswirksam gegenüber Dritten auszeichnen, allerdings kann man damit nicht über den gesamten Nachlass verfügen. Dies kann nur die Erbengemeinschaft als Ganzes. Gut zu wissen: Eine dritte Option ist der gemeinschaftliche Teilerbschein. Dieser kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn man nicht sicher weiß, ob es noch weitere potenzielle Miterb:innen gibt. Die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft bleiben dadurch handlungsfähig und können beispielsweise eine:n Nachlassverwalter:in beauftragen oder selbst Wertermittlungen durchführen.

Was brauchen Sie, um einen Erbschein zu beantragen?

Einen Erbschein können Sie beim Nachlassgericht am Wohnort der bzw. des Verstorbenen beantragen. Mit dem Antrag beginnt das sogenannte „Erbscheinverfahren“. Das Gericht ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch dazu verpflichtet, „der bzw. dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht“ zu erteilen. Für die Beantragung reicht in der Regel ein formloses Schreiben, allerdings müssen Sie folgende Unterlagen beilegen:
  • Personalausweis bzw. Reisepass
  • Sterbeurkunde der Erblasserin bzw. des Erblassers
  • Geburts- und Sterbeurkunden aller (vorverstorbenen) Erb:innen
  • vollständige Anschrift aller Erb:innen (auch von denen, die von der Erbfolge ausgeschlossen wurden)
  • Testament und/oder Erbverträge, falls vorhanden
„Sie sollten ein existierendes Testament niemals gegenüber dem Nachlassgericht verschweigen, andernfalls machen Sie sich strafbar und es drohen Geld- oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren.“ Astrid Nolte, Rechtsanwältin aus Hürth

Wie viel kostet ein Erbschein?

Die Kosten für den Erbschein richten sich nach dem Wert des Nachlasses und müssen von der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller gezahlt werden. Bei einem gemeinsamen Antrag der Erbengemeinschaft auf einen Erbschein müssen sich alle Mitglieder der Gemeinschaft an den Kosten beteiligen. Einen Überblick über die Gebühren für einen Erbschein finden Sie in der Gebührentabelle B zum Gerichts- und Notarkostengesetz. Ist der Nachlass beispielsweise 10.000 Euro wert, zahlen Sie für einen Erbschein 150 Euro. Erben Sie 50.000 Euro, fallen 330 Euro für den Erbschein an. Bei einem Erbe von 1 Million Euro, betragen die Kosten 3.470 Euro.

Info: Mit Testament dürfen Banken nicht auf Erbschein bestehen

Obwohl es in der Praxis zum Teil noch immer üblich ist, dürfen Banken nicht auf einen Erbschein bestehen, wenn sich aus einem beglaubigten Testament eindeutig die Erbfolge ergibt. Das entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2016.
Nein, eine Vollmacht durch den bzw. die Erblasser:in ersetzt den Erbschein nicht, da sie kein erbrechtliches Dokument ist. Sie kann aber den Zeitraum überbrücken, in dem der Erbschein beantragt werden muss. Besonders bei komplexen Erbfällen kommt es vor, dass sich die Ausstellung des Erbscheins enorm in die Länge zieht, während niemand auf den Nachlass zugreifen kann. Im schlimmsten Fall droht der Erbengemeinschaft damit eine komplette Handlungsunfähigkeit. Erblasser:innen können für solche Fälle vorsorgen, indem sie ihren Erb:innen noch zu Lebzeiten eine Vollmacht erteilen – Inhalt und Umfang derselben legt der bzw. die Erblasser:in selbst fest (z. B. eine Generalvollmacht). Wichtig ist der Hinweis in der Vollmacht, dass diese „nach dem Tod“ (postmortal) oder „über den Tod hinaus“ (transmortal) gelten soll. Damit haben die Bevollmächtigten gleich nach dem Tod der Erblasserin bzw. des Erblassers Zugriff auf seine Konten und können beispielsweise dringende Bankgeschäfte auch ohne Erbschein abwickeln. „Vorsicht: viele Banken akzeptieren weder privatschriftliche noch notariell beglaubigte Vorsorgevollmachten. Um absolut sicherzugehen, sollten Erblasser daher immer eine spezifische Bankenvollmacht nach den Vorgaben ihres Kreditinstituts erteilen", rät Rechtsexpertin Astrid Nolte.
Wer ein Grundstück erbt, muss den Eintrag im Grundbuchamt berichtigen lassen. Das heißt, die Erb:innen werden als neue Eigentümer:innen eingetragen. Auch in diesem Fall stellt sich die Frage, ob dafür extra ein Erbschein nötig ist. Grundsätzlich gilt: Mit einer notariellen Vollmacht allein kann in der Regel keine Grundbuchberichtigung auf die Erb:innen durchgeführt werden, stattdessen wird meist entweder ein Erbschein oder eine notariell beurkundete letztwillige Verfügung verlangt. Allerdings akzeptiert das Grundbuchamt unter zwei Bedingungen auch andere Beweise – also zum Beispiel eine Vollmacht:
  • Das Grundstück oder der Anteil am Grundstück ist weniger als 3.000 Euro wert.
  • Die Beschaffung des Erbscheins, des Europäischen Nachlasszeugnisses oder des Zeugnisses nach Paragraf 1507 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nur mit unverhältnismäßigem (Kosten-)Aufwand möglich.
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