Arbeitszeugnis prüfen lassen: Worauf kommt es an?
Ein Arbeitszeugnis muss „wohlwollend formuliert sein“. Doch was heißt das? Und was sollte in einem Zeugnis in jedem Fall stehen? Wir erklären Ihnen, worauf Sie besonders achten sollten.
Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses haben Sie Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Das ist in der Gewerbeordnung geregelt, Ihre (ehemalige) Arbeitsstelle darf Ihnen diesen Wunsch nicht verweigern. Dieses Recht gilt nicht nur für festangestellte Arbeitnehmer:innen. Auch nebenberuflich Tätige oder Praktikanten sowie Aushilfen haben Anspruch darauf. Hierfür müssen Sie mindestens sechs Wochen für das Unternehmen tätig gewesen sein.
Aber: Sie müssen das Zeugnis aktiv einfordern. Und damit sollten Sie nicht zu lange warten, wie Rechtsanwältin Jacqueline Teutloff aus Stein bei Nürnberg erklärt: „Die gesetzliche Verjährungsfrist liegt bei drei Jahren. Aber in der Praxis kann der Arbeitgeber schon nach sechs bis zehn Monaten sagen, dass er kein Zeugnis mehr ausstellt.“
Tipp: Lassen Sie sich auch beim internen Jobwechsel ein Zeugnis ausstellen
Wenn Sie einen neuen Arbeitsvertrag in Ihrer Firma unterschreiben, fällt auch Ihr alter Job unter die Verjährungsfrist. Das heißt: Nach drei Jahren haben Sie keinen Anspruch mehr darauf, ein Zeugnis für diese frühere Tätigkeit zu erhalten. Wenn Sie Ihr Arbeitsverhältnis später kündigen sollten und zu einem anderen Arbeitgeber wechseln, erhalten Sie somit nur ein Zeugnis für Ihre letzte Position.
Prinzipiell können Sie jederzeit ein Zwischenzeugnis von Ihrer Arbeitsstelle verlangen. Im Gegensatz zum Arbeitszeugnis, das nach Ende Ihres Beschäftigungsverhältnisses ausgestellt wird, besteht hierzu allerdings keine gesetzliche Pflicht. Sie sollten also einen „triftigen Grund“ für ein Zwischenzeugnis anführen. Dieser kann ein Jobwechsel innerhalb des Unternehmens sein. Auch wenn Sie beispielsweise einen neuen Vorgesetzten bekommen oder befördert werden, können Sie ein Zwischenzeugnis anfordern.
Ein Zwischenzeugnis unterscheidet sich in Inhalt und Aufbau kaum von einem „Endzeugnis“. Es ist allerdings im Präsens verfasst und enthält kein Enddatum des Angestelltenverhältnisses.
Aufbau und Inhalt: So sollte das Arbeitszeugnis aussehen
Eins vorweg: Das Arbeitszeugnis muss in Schriftform erstellt, ausgedruckt und handschriftlich unterschrieben sein. In dieser Form muss es Ihnen auch ausgehändigt werden. Eine elektronische Version des Dokuments (z. B. als eingescannte PDF-Datei) reicht nicht aus.
Was mindestens im Zeugnis stehen muss, ist gesetzlich geregelt: In einem einfachen Arbeitszeugnis müssen Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten sein. Sie haben aber auch die Möglichkeit, ein qualifiziertes Zeugnis zu verlangen. In einem qualifizierten Arbeitszeugnis wird zusätzlich auf die Arbeitsleistung und das Verhalten eingegangen.
Der Aufbau ist in der Regel immer gleich:
- Daten des Arbeitnehmers
- Dauer der Beschäftigung
- Art der Tätigkeit
- Einzelbewertungen (zum Beispiel zu Arbeitsbereitschaft oder Sozialkompetenz)
- Gesamtbewertung
- Schlussformel
Das Arbeitszeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es dürfen keine Formulierungen oder Merkmale enthalten sein, die Andeutungen über den Wortlaut hinaus machen. Anwältin Jacqueline Teutloff erklärt: „In einem Arbeitszeugnis dürfen keine Andeutungen, Doppeldeutigkeiten oder Ähnliches enthalten sein. Sollten solche Formulierungen enthalten sein, muss der Arbeitgeber diese ersatzlos streichen.“
Insgesamt sollte das qualifizierte Arbeitszeugnis wohlwollend formuliert sein. Gleichzeitig muss es aber auch wahrheitsgemäß sein, es muss nichts beschönigt oder weggelassen werden. Auch ein Arbeitszeugnis mit der Note 4 kann wohlwollend formuliert sein.
Für eine Gesamtbenotung der Arbeitsleistung haben sich in der Praxis Standard-Formulierungen entwickelt, die häufig verwendet werden. Die Formulierungen können dabei in eine Schulnote übersetzt werden:
- stets/immer/durchgehend zu unserer vollsten Zufriedenheit = Sehr gute Leistung
- stets/immer/durchgehend zu unserer vollen Zufriedenheit = Gute Leistung
- zu unserer vollen Zufriedenheit/stets zu unserer Zufriedenheit = Befriedigende/durchschnittliche Leistung
- zu unserer Zufriedenheit = Unterdurchschnittliche, aber noch ausreichende Leistung
- insgesamt/im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit = Mangelhafte Leistung
- bemüht, die übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit zu erledigen = Ungenügende Leistung
Da das Arbeitszeugnis wohlwollend formuliert sein muss, sind offene Kritik bzw. negative Formulierungen verboten. Firmen haben deswegen andere Wege gesucht, um Kritik am Arbeitnehmer unterzubringen. Es hat sich gewissermaßen eine „Zeugnissprache“ entwickelt mit zahlreichen Formulierungen und Phrasen, die sich auf den ersten Blick nett und positiv lesen, aber oft etwas ganz anderes bedeuten. Geübte Zeugnisleser, wie z. B. Personaler, entschlüsseln diese „Geheimcodes“ schnell.
Wenn im Dokument beispielsweise steht, dass der/die Mitarbeitende sich „bemüht hat, den Anforderungen gerecht zu werden“, will der Verfasser damit eigentlich sagen: „Der Mitarbeitende war nicht kompetent.“ Hat der Ex-Mitarbeiter die „übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erledigt“, war er wohl ein ziemlicher Bürokrat, der keine Eigeninitiative gezeigt hat. Und bewies er „Einfühlungsvermögen für die Belange der Belegschaft“, flirtete er mehr, als er tatsächlich arbeitete.
So können Sie Ihr Arbeitszeugnis prüfen lassen
Inhaltliche oder formale Mängel im Arbeitszeugnis machen einen schlechten Eindruck – vor allem beim neuen potenziellen Arbeitgeber, bei dem Sie sich mit dem Zeugnis beworben haben. Wenn Sie Fehler im Arbeitszeugnis entdecken, haben Sie Anspruch auf Nachbesserung. Das gilt auch, wenn die verwendete Formulierung und damit die Bewertung unangemessen erscheinen.
Eine grundlegende Prüfung können Sie selbst vornehmen. Für eine fachliche Prüfung sind beispielsweise Anwälte für Arbeitsrecht oder sogenannte Zeugnisprüfer Anlaufstellen. Die Kosten liegen dabei etwa zwischen 50 und 200 Euro. Auch manche Gewerkschaften bieten für ihre Mitglieder eine kostenlose Zeugnisprüfung an.
Als DEVK-Kunde mit Berufs-Rechtsschutzversicherung können Sie Ihr Arbeitszeugnis auch kostenlos von uns überprüfen lassen. Das funktioniert ganz einfach über unsere Rechtsschutz-App. Alternativ können Sie uns unter der Telefonnummer 0221 757-1996 auch anrufen. Wir vermitteln Ihnen eine fachliche Prüfung Ihres Zeugnisses.
Was sollte im Zeugnis überprüft werden?
Sie sollten das Zeugnis auf folgende Aspekte prüfen lassen:
- Ist das Zeugnis vollständig?
- Ist das Zeugnis der Leistung angemessen?
- Ist sprachlich alles in Ordnung?
- Sind formale Fehler im Zeugnis, zum Beispiel Hervorhebungen, Verbesserungen oder Flecken?
„Ein persönliches Gespräch ist die erste Wahl, um Änderungen beim Arbeitgeber durchzusetzen. Wenn er sich nach einem Erinnerungsschreiben und einem persönlichen Gespräch immer noch weigert, können Sie vor dem Arbeitsgericht klagen.“
Jacqueline Teutloff, Rechtsanwältin aus Stein bei Nürnberg