Kündigungsschutz: Das sind Ihre Rechte als Arbeitnehmer:in
Auf eine Kündigung folgen meist Wut und Enttäuschung. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und schnell zu handeln. Hier erklären wir Ihnen, was Sie gegen die Kündigung unternehmen können und warum Sie sich schnellstmöglich arbeitslos melden sollten.
Kündigung: Was nun?
Eine Kündigung ist ein schwerer Schicksalsschlag. Und auch wenn Sie für viele Arbeitnehmer:innen aus heiterem Himmel zu kommen scheint: In der Regel gibt es schon zuvor eindeutige Anzeichen, die auf eine Trennung hindeuten. Wenn Sie ständig zum:zur Chef:in zitiert werden, Ihre Arbeit über die Maßen kritisiert oder stärker kontrolliert wird, sollten Sie sich Gedanken machen. Weitere Hinweise auf eine drohende Kündigung können sein, dass Ihr Vorgesetzter Sie nicht mehr nach Ihrer Meinung zu bestimmten Themen fragt oder Ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden.
Bemerken Sie eine oder mehrere dieser Veränderungen, heißt das noch nicht, dass Sie entlassen werden. Sie sollten aber wachsam sein und sich gegebenenfalls Gedanken über Ihre berufliche Zukunft machen. Wenn Ihnen tatsächlich gekündigt wird, heißt es erst einmal: Nicht in Panik verfallen. Natürlich ist es nicht einfach, eine Kündigung zu akzeptieren. In Unruhe zu verfallen, hilft Ihnen allerdings nicht weiter. Denn es gibt jetzt einiges, was Sie tun können – und sollten.
Aufgrund der sehr kurzen Fristen, sollten Sie nach Erhalt der Kündigung so schnell wie möglich handeln, da Sie sonst mit Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld rechnen müssen. Deshalb ist es ratsam, sich innerhalb von drei Tagen nach Eingang des Kündigungsschreibens bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend zu melden. Spätestens ab dem ersten Tag der tatsächlichen Arbeitslosigkeit sollten Sie sich dann arbeitslos melden. Wir empfehlen eine frühzeitige Benachrichtigung an die Arbeitsagentur, denn hier gilt: Je früher der Antrag bearbeitet werden kann, desto früher erhalten Sie auch das Arbeitslosengeld.
Wichtig: Auch wenn Sie eine Kündigungsschutzklage anstreben, sollten Sie sich als arbeitssuchend melden. So riskieren Sie keine Sperrzeiten, wenn sich im Prozess herausstellt, dass die Kündigung doch wirksam war. „Keine Sorge: Nachteile resultieren daraus nicht! Nur weil Sie sich arbeitssuchend melden, bedeutet das nicht, dass Sie die Kündigung einfach so hinnehmen“, erklärt Detlef Vollmari, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Hagen am Teutoburger Wald.
Kündigungsschutzklage: So können Sie gegen die Kündigung vorgehen
Mit einer Kündigungsschutzklage können Sie die Entlassung anfechten. Hierbei prüft das zuständige Arbeitsgericht, ob Ihr:e Arbeitgeber:in Sie überhaupt entlassen durfte und ob die Kündigung begründet sowie sozial gerechtfertigt war. Ist Ihre Klage erfolgreich, gilt das Beschäftigungsverhältnis als nicht beendet.
An die Arbeitsstätte zurückkehren wollen Sie aber wahrscheinlich nicht. Schließlich hat Ihnen Ihr:e Chef:in eindeutig signalisiert, dass er:sie Sie nicht weiter beschäftigen möchte. Wenn sich in der ersten mündlichen Verhandlung (Güteverhandlung) herausstellt, dass die Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg haben kann, kommt es häufig zu einem Vergleich: Im Gegenzug für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt der:die Arbeitgeber:in eine Abfindung. Die Höhe der Abfindung kann frei verhandelt werden. Als Faustregel gilt: Sie erhalten ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Wann können Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen?
Einzige Voraussetzung für eine Kündigungsschutzklage ist, dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Hierfür müssen Sie mindestens sechs Monate im Unternehmen angestellt sein und in Ihren Unternehmen müssen mehr als 10 Mitarbeiter:innen in Vollzeit arbeiten. Für Arbeitnehmer:innen, deren Beschäftigungsverhältnis vor dem 31. Dezember 2003 begonnen hat, gilt der Schwellenwert von mehr als 5 Arbeitnehmer:innen. Die Klage dient in erster Linie dazu, eine Abfindungszahlung auf dem Vergleichswege auszuhandeln.
Erfolgsaussichten für eine Kündigungsschutzklage und damit die Grundlage für einen Abfindungsvergleich bestehen jedoch nur bei unrechtmäßigen Kündigungen. In folgenden Fällen werden Abfindungsvergleiche nur äußerst selten abgeschlossen:
- wirksame fristlose Kündigung
- verhaltensbedingte Kündigung (z. B. bei ehrverletzenden Behauptungen)
- weniger als 10 Mitarbeiter:innen im Unternehmen
- Insolvenz des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin (ABER: Entsteht ein Abfindungsanspruch, nachdem das Insolvenzverfahren eingeleitet wurde, muss der:die Insolvenzverwalter:in die Abfindung zahlen.)
- Geheimnisverrat
- Veruntreuungsverdacht
„Wollen Sie als Arbeitnehmer per Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vorgehen, ist Eile geboten: Sie haben nur drei Wochen Zeit, um die Klage beim zuständigen Arbeitsgericht einzureichen. Die Klagefrist läuft ab Zugang der Kündigung.“
Detlef Vollmari, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Hagen (Teutoburger Wald)
Eine Kündigung gilt als zugegangen, wenn sie in den Wirkungskreis des Gekündigten gelangt. Das bedeutet: Die Kündigungsfrist läuft, sobald der:die Arbeitnehmer:in das Entlassungsschreiben in den Händen hält. Übergibt der:die Arbeitgeber:in die Kündigung persönlich, gilt sie ab diesem Zeitpunkt als zugegangen. Wirft der:die Chef:in das Schreiben in den Briefkasten des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin oder lässt sie ihm:ihr per Post zukommen, gestaltet sich die Lage etwas komplizierter. Denn die Kündigung gilt erst als zugegangen, wenn sie in den „Machtbereich“ des Gekündigten gelangt. Finden Sie den Brief in Ihrer Post, kommt es auf den Zeitpunkt an, an dem Sie ihn entdecken. „Fährt Ihr Chef erst nach Feierabend bei Ihnen vorbei und wirft das Kündigungsschreiben gegen 19 Uhr in Ihren Briefkasten, gilt die Kündigung erst am nächsten Tag als zugegangen“, sagt Anwalt Vollmari.
Eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen. Spricht der:die Arbeitgeber:in im Eifer des Gefechts eine mündliche Kündigung aus, ist diese nicht wirksam. Vollmari: „Auch eine E-Mail oder SMS reicht nicht aus: Die Kündigung muss handschriftlich unterschrieben sein.“
Für Angestellte, die über sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeiter:innen beschäftigt sind, gilt das allgemeine Kündigungsschutzgesetz. Demnach können Arbeitnehmer:innen nur bei triftigen Gründen entlassen werden. „Der allgemeine Kündigungsschutz gilt nicht nur für Vollzeitangestellte, sondern auch für Teilzeitkräfte und Minijobber. Das Kündigungsschutzgesetz kennt hier keinen Unterschied”, erklärt Detlef Vollmari.
Die gängigsten Kündigungsgründe sind:
- betriebsbedingte Kündigung: Gründe hierfür können z. B. die Schließung der Abteilung, Umsatzrückgang, Rationalisierungsmaßnahmen oder der Wegfall von Drittmitteln sein.
- verhaltensbedingte Kündigung: Eine verhaltensbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten verstoßen hat, die im Arbeits- oder Tarifvertrag bzw. gesetzlich geregelt sind (z. B. Alkoholverbot am Arbeitsplatz, unentschuldigtes Fehlen oder eine unerlaubte Nebentätigkeit, die die Pflichterfüllung im Hauptbeschäftigungsverhältnis beeinträchtigt).
- personenbedingte Kündigung: Kündigungen können personenbedingt begründet werden, wenn der Mitarbeiter aufgrund von charakterlichen, fachlichen, körperlichen oder gesundheitlichen Gründen für seine Tätigkeit nicht mehr geeignet erscheint. (Beispiel: Ein Berufsfahrer hat seine Fahrerlaubnis verloren.)
Aber auch wenn die Kündigung gut begründet wird, ist sie nicht automatisch gültig. Deswegen sollten Sie sie in jedem Fall gründlich prüfen. Folgende Fehler machen eine Kündigung rechtsunwirksam:
- Formfehler: Die Kündigung wurde nur mündlich ausgesprochen.
- Kündigung ohne vorherige Abmahnung: Die verhaltensbedingte Kündigung hätte nicht sofort ausgesprochen werden dürfen. Bei Vertragsverletzungen – mit Ausnahme von sehr groben Pflichtverstößen wie Diebstahl oder Betrug – ist in der Regel eine vorherige Abmahnung nötig.
- Mitarbeiter genießt Sonderkündigungsschutz: Der:die gekündigte Arbeitnehmer:in steht unter Sonderkündigungsschutz, was eine ordentliche Kündigung in den meisten Fällen ausschließt. Der besondere Kündigungsschutz greift beispielsweise bei Schwangeren, Menschen mit einer Schwerbehinderung und Betriebsratsmitgliedern.
Einen Sonderfall stellt die fristlose Kündigung dar. Diese beendet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Eine fristlose Kündigung darf vom Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin allerdings nur als letztes Mittel genutzt werden, um sich von einem Mitarbeitenden zu trennen, und nur in Ausnahmefällen ausgesprochen werden.
Eine fristlose Kündigung ist möglich, wenn ein Pflichtverstoß oder ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Arbeitnehmenden vorliegt. Gründe für eine fristlose Kündigung können der Diebstahl von Firmeneigentum, Betriebsspionage, die Beleidung eines Vorgesetzten, sexuelle Belästigung oder Rufschädigung sein.
Urlaubsanspruch bei Kündigung: Bestehen Sie auf Ihre Rechte
Auch wenn Sie gekündigt wurden, stehen Ihnen als Arbeitnehmer:in noch gewisse Rechte zu. Dazu gehört z. B. der Anspruch auf Resturlaub: Dieser darf auch bei einer Kündigung nicht einfach verfallen. Wenn Sie noch Urlaubstage übrig haben, müssen Sie diese auch bis zum Ende der Kündigungsfrist nehmen. Eine Auszahlung (Urlaubsabgeltung) ist nur möglich, wenn der Resturlaub nicht mehr „in Natur“ genommen werden kann. Das ist beispielsweise bei einer fristlosen Kündigung mit sofortiger Wirkung der Fall.
„Was viele Arbeitnehmer nicht wissen, ist, dass sie ein Recht auf bezahlte Freistellung für Vorstellungsgespräche haben“, erklärt Rechtsanwalt Vollmari. „Wurde Ihnen gekündigt und müssen Sie wegen der noch laufenden Kündigungsfrist weiterhin arbeiten, können Sie Ihren Chef darum bitten, Sie für die Dauer des Bewerbungsgesprächs von der Arbeit freizustellen. Nacharbeiten müssen Sie die verpasste Arbeitszeit nicht.”