Vater küsst seinen lachenden Sohn

Kita-Platz: So setzen Sie Ihren Anspruch durch

Kinder in Deutschland haben einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Soweit die Theorie. In der Praxis suchen viele Eltern händeringend nach einem Platz in einer Kindertagesstätte für Ihren Nachwuchs. Wie Sie Ihren Anspruch durchsetzen, lesen Sie hier.

Kita-Plätze in Deutschland reichen nicht

Nach einer Studie des Instituts der Bertelsmann Stiftung fehlen bundesweit über 430.000 Kita-Plätze (2023). Gründe hierfür sind in erster Linie steigende Geburtenraten und Zuwanderungszahlen. Hinzu kommt, dass sich immer mehr Eltern einen Platz in einer Kindertagesstätte (Kita) für ihr Kind wünschen. Ein weiterer Grund ist der Mangel an Fachpersonal: Es gibt in Deutschland schlicht zu wenige Erzieherinnen und Erzieher. Für viele Eltern gleicht die Suche nach einem Kita-Platz einem Hindernislauf ohne Aussicht auf Erfolg: Trotz zahlloser Telefonate, Bewerbungen, Briefe und Vorstellungsgespräche hagelt es für sie nur Absagen. Das stellt vor allem berufstätige Eltern vor massive Probleme. Denn ohne einen Betreuungsplatz können sie auch ihrem Beruf nicht nachgehen.
Dabei müsste es eigentlich ganz einfach sein: Laut Sozialgesetzbuch (SGB) haben alle Kinder in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz:

Kinder unter einem Jahr

Der Anspruch auf einen Betreuungsplatz gilt, wenn die Eltern arbeiten, demnächst eine Stelle antreten, aktiv nach Arbeit suchen, eine Ausbildung absolvieren oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des SGB erhalten. Die Kinder haben allerdings nur einen Anspruch auf Unterbringung, nicht auf frühkindliche Förderung. Das heißt, dass Eltern auch Tagespflege ohne fördernde Maßnahmen akzeptieren müssen.

Kinder ab einem Jahr

Sie haben bis zu ihrer Einschulung einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Dieser Anspruch ist bedingungslos: Es kommt nicht darauf an, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht. Zwischen einem und drei Jahren haben Kinder zudem einen Anspruch auf Förderung. Ihre Eltern können Kita- oder Tagespflegeplätze ohne frühkindliche Förderung deshalb auch ablehnen. Kinder ab drei Jahren haben einen generellen Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung (Kindergarten oder Kita). Ein Tagespflegeplatz kann pauschal abgelehnt werden.

Förderung orientiert sich am individuellen Bedarf

„Der Umfang der Förderung muss sich am individuellen Bedarf orientieren“, erklärt Rechtsanwältin Vera Belsner aus Berlin. „Das bedeutet: Arbeiten die Eltern in Vollzeit, muss die Kommune die ganztägige Betreuung gewährleisten. Arbeiten die Eltern in Teilzeit, hat das Kind keinen Anspruch auf Ganztagsbetreuung.“

Info: Gerichte entscheiden meist zugunsten der Eltern

Gerichte entscheiden in solchen Fällen meist zugunsten der Eltern, wie ein Beispielurteil des Verwaltungsgerichts Aachen zeigt: Die klagenden Eltern arbeiteten von 08:00 bis 17:00 Uhr, die städtische Kita schloss jedoch bereits um 16:30 Uhr. Die Richter:innen entschieden, dass sich die Kita an den tatsächlichen Bedarf der Eltern anpassen und künftig 30 Minuten länger öffnen muss.

So stellen Sie den Antrag auf einen Kita-Platz

Für Ihren Antrag auf einen Betreuungsplatz nutzen Sie das vorgefertigte Formular auf der Internetseite des Jugendamts Ihrer Gemeinde. Einige Kommunen bieten auch Internetportale für die Kita-Anmeldung an. Die Anmeldefrist endet in den meisten Einrichtungen zwei bis sechs Monate vor dem gewünschten Betreuungsbeginn. Viele Eltern stellen schon direkt nach der Geburt einen Antrag, auch wenn das Kind erst zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr in eine Kita gehen soll. „Der gesetzliche Anspruch auf einen Kita-Platz bedeutet nicht, dass Sie die Einrichtung frei wählen dürfen“, sagt Belsner. „Kommt es zu Engpässen, kann das Jugendamt Ihnen durchaus auch einen anderen Kindergarten zuweisen.“ Der zugewiesene Platz muss allerdings angemessen sein. Er muss alle rechtlichen Bedingungen erfüllen und darf nicht zu weit vom Wohnort entfernt liegen. Als zumutbar gelten hier ein Anfahrtsweg von etwa 30 Minuten im ländlichen Raum bzw. eine Entfernung von bis zu fünf Kilometern innerhalb der Stadt.

Ihr Antrag wurde abgelehnt. Was nun?

Die Post hat leider keine guten Nachrichten gebracht: Ihr Antrag wurde abgelehnt. Das ist ärgerlich, aber kein Grund zum Verzweifeln. Es bleiben Ihnen noch einige Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.
Wenn Sie keinen Platz für Ihr Kind in einer städtischen Kita erhalten haben, können Sie sich nach einer privaten Einrichtung umsehen. Häufig muss dann die Gemeinde die entstehenden Mehrkosten übernehmen. „Das gilt aber nur, wenn die Mehrkosten den Eltern nicht zumutbar sind und sich im angemessenen Rahmen befinden. Den Aufschlag für eine Luxus-Einrichtung muss die Gemeinde in der Regel nicht erstatten“, erläutert Anwältin Belsner.
Wenn Ihnen Ihre Kommune aus ungerechtfertigten Gründen keinen Betreuungsplatz zur Verfügung stellt und Ihnen daraus Verdienstausfälle entstehen, können sich daraus sogenannte Amtshaftungsansprüche für Sie ergeben. „Unter Umständen können Sie dann Schadenersatz fordern, doch muss hier immer im Einzelfall entschieden werden“, sagt Rechtsexpertin Vera Belsner. „Die Gerichte prüfen dann unter anderem, ob die Kommune bei der Vergabe der Kita-Plätze unsauber gearbeitet hat und ob sie den Mangel an Betreuungsplätzen selbst zu verschulden hat.“
Sie können auch Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einlegen. Dann ist Ihre Gemeinde zur erneuten Prüfung verpflichtet.
Erhalten Sie auf Ihren Widerspruch erneut einen Ablehnungsbescheid, bleibt Ihnen noch die Möglichkeit, den Anspruch beim zuständigen Verwaltungsgericht durchzusetzen. Das Gericht entscheidet in den meisten Fällen zugunsten der Eltern. Der Bundesgerichtshof hat allerdings in einem wegweisen Urteil einige berechtigte Ausnahmefälle benannt, in denen der Antrag abgewiesen werden darf. Herrscht in der Kita beispielsweise Personalmangel, obwohl die Einrichtung aktiv nach Erzieherinnen und Erziehern sucht, kann der Ablehnungsbescheid gerechtfertigt sein.

Tipp: schnelle Entscheidung durch Eilverfahren

Beantragen Sie in jedem Fall ein Eilverfahren. Das Gericht fällt seine Entscheidung dann häufig innerhalb von vier Wochen.
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